ABGEWRACKT
Staatliche Stützungsmassnahmen haben
den Banken gezeigt, sie sind systemrelevant,
unverwundbar, zu gross zum Scheitern.
Also machen sie weiter wie zuvor. Nach Lehman Brothers geht keine mehr pleite.
Pier Carlo Padoan
„Die Regierung hat europäische Regeln auf bestmögliche
Art genutzt“, sagt Wirtschaftsminister Pier Carlo
Padoan. Er sagt das nach der Sondersitzung, in der die
italienische Regierung beschloßen hat insgesamt
17 Milliarden Euro für die Stützung der Banca Popolare
di Vicenza und der Veneto Banca zur Verfügung
zu stellen. Es ist 25. Juni 2017. Eigentlich sollten Steuerzahler
für insolvente Banken nicht mehr bezahlen müssen.
Robert Mercer
Der zurückgezogen in Long island lebende Robert Mercer,
70, hat als Hedge Fonds Tycoon nicht nur Milliarden
gescheffelt, er hat mit seinem Geld auch den Weg gepflastert
für Donald Trumps Einzug ins Weisse Haus. Impulsiv?
spontan? So wird der US-Präsident jetzt gerne inszeniert.
Aber als er im Februar 2017 in einem seiner Tweets
die Medien als „the enemy of the American people“ bezeichnet,
ist das weder neu noch von ihm selbst.
Schon 2012 hat sein Berater Patrick Caddell in einer Rede
die Medien als „the enemy of the American people“
bezeichnet. Verbreitet wird das vor fünf Jahren schon von
Breitbart News, und einer der Hauptaktionäre von
Breitbart News ist Robert Mercer.
Er ist Co-C.E.O. von Renaissance Technologies, einem
der profitabelsten Hedge Funds in den USA. Ein
zwölfseitiger Beitrag im New Yorker hat am 27. März 2017
den Titel: „Trump‘s Money Man“.
David Rossi
„Ho fatto una cavolata“, dies die Notiz zu einem
Abschiedsbrief an seine Ehefrau, welche die Carabinieri
in seinem Papierkorb finden – „Hab eine Dummheit
gemacht.“ In Siena hat sich David Rossi, Pressesprecher der krisengeschüttelten Banca Monte dei Paschi, am 6. März
2013 um 20.40 Uhr aus dem Bürofenster geworfen.
Monte dei Paschi klagt gegen die Deutsche Bank wegen
arglistiger Täuschung bei Derivategeschäften unter der
Transaktion „Santorini“, die ihr einen Verlust von 730 Millionen € eingebracht haben sollen. Die Vorwürfe seien unbegründet,
erklärt die Deutsche Bank am 13. März 2013. Die 1472 gegründete Monte dei Paschi wird mit 3,9 Milliarden € Staatshilfe gestürzt.
Am 27. Oktober 2014 fehlen bei Monte dei Paschi
laut Stresstest der Europäischen Zentralbank 2,11 Milliarden €.
Es ist die grösste Lücke unter den 130 untersuchten
Banken. An der Börse in Milano wird die Aktie nach 20%
Verlust aus dem Verkehr gezogen.
Drei Jahre nach Rossis Tod, im Frühjahr 2016, wird
seine Leiche in Siena exhumiert und der Fenstersturz nachgestellt
– Ehefrau Antonella war von der Überzeugung nie
abzubringen gewesen, David Rossi sei umgebracht worden,
weil er zuviel gewusst hatte.
Zwei Tage vor seinem Tod teilt Rossi dem Chef der
Monte dei Paschi per eMail mit, er stehe kurz davor
auszupacken. Die Aufnahmen der Überwachungskamera,
auf denen sein Sturz aus dem Fenster festgehalten
ist – sie sind zum Teil gelöscht worden,
Und die Experten, die seinen Sturz nachgestellt
haben, kommen zum Schluss, dass Rossi nicht
gesprungen ist, sondern aus dem Fenster gestoßen worden ist.
Es sind hausgemachte Probleme, die er hätte
auspacken können, gefälschte Bilanzen, dubiose Details aus
dem Derivat-Handel. Dass Monte dei Paschi unbedingt
die marode Bank Antonveneta kaufen wollte – und zwar für 17
statt der 2 Milliarden €, die sie wert war, ist das eine.
Dass Mario Draghi, damalis Gouverneur der Banca
d‘Italia, ein irres Vohaben wie dieses mit seiner
Unterschift absegnete statt es zu stoppen, ist das andere.
Der Mann ist inzwischen Chef der Europäischen
Zentralbank.
Nur: Neu ist das nicht, dass Monte dei Paschi auf
faulen Krediten sitzt – von 47 Milliarden € ist die Rede. Davon
werden im Rahmen eines von Europäischer Zentralbank
und Europäischer Bankenaufsicht genehmigten Rettungsplans
faule Kredite für 28 Milliarden € veräussert.
Wie sowas abläuft? Die Banca Monte dei Paschi
stockt ihr Aktienkapital um fünf Milliarden € auf, was mit Hilfe
von J. P. Morgan, der italienischen Mediobanca und
sechs weiteren europäischen sowie US-amerikanischen
Großbanken geschieht.
Und das notabene, bevor Ende Juli 2016 die Europäische
Bankenaufsicht ihren Bankenstresstest veröffentlicht.
Nach monatelangem Lavieren scheitert die Kapitalerhöhung.
Und Ende 2016 billigt die EU-Kommission die Rettung
von Monte dei Paschi. Es fehlt an Kapital von 8,8 Milliarden €.
Die wird die Europäische Zentralbank in die Bank stecken.
Nur: Systemrelevant ist Monte dei Paschi nicht.
Alexis Tsipras
61,3% der Griechen sagen im ersten Referendum
seit vierzig Jahren „Nein“ zum Vorschlag von EU, EZB und IWF, Griechenland weitere Hilfsgelder von 15,5 Milliarden €
auszuzahlen, wenn die Regierung den verordneten Reform-
und Sparkatalog umsetzt.
Den hatte die Regierung in Athen abgelehnt – erst
in Brüssel, dann im Abstimmungskampf zum Referendum.
Das Absurde dabei, das Angebot aus Brüssel war
Ende Juni verfallen. Ministerpräsident Alexis Tsipras sagt
nach der Stimmabgabe am 5. Juli 2015:
„Niemand kann die Botschaft der Entschlossenheit eines
Volkes ignorieren, sein Schicksal in die eigenen
Hände zu nehmen. Ich bin sicher, dass wir einen neuen
Weg öffnen werden für alle Völker Europas.“
Griechenland ist pleite. Die Banken hatten in den
Tagen vor dem Referendum geschlossen, Auszahlungen an Bankautomaten waren auf 60 € begrenzt.
Am 20. Juli 2015 öffnen die Banken wieder.
In einer seiner Nachtsitzungen hatte das Parlament in Athen,
wo Alexis Tsipras ohne eigene Mehrheit war, einem
neuen Reform- und Sparkatalog aus Brüssel zugestimmt.
Hilfsgelder aus Brüssel flossen wieder.
Drei Jahre zuvor, am 26. Juni 2012, war Yannis
Stournaras neuer griechischer Finanzminister geworden.
Der Ökonomieprofessor der Universität Athen war
in den 1990ern Chefunterhändler der Regierung vor dem
Eintritt in die Eurozone gewesen.
„Athen hat nicht mehr betrogen als andere auch“, hatte
er am 29. April 2010 in einem Interview mit der Süddeutschen
Zeitung gesagt.
Die griechische Verfassung schreibt fest, alle Schiffseigner
von Steuern freizustellen – für die Reederfamilien Onassis
und Niarchos ein Superdeal, für den griechischen Staat die Pleite.
Es war die US-Investmentbank Goldman Sachs
gewesen, die Griechenland zwischen 1998 und 2010 mit milliardenschweren Frisierungen des Staatsdefizits
den Eintritt in die Euro-Zone ermöglicht hatte.
Mario Draghi, der von 2002 bis 2005 für Goldman
Sachs gearbeitet hatte, war am 1. November 2011 Präsident
der Europäischen Zentralbank geworden.
Jürgen Fitschen
Jürgen Fitschen, teilt die Deutsche Bank am 7. Juni 2015
mit, tritt zum Abschluss der Hauptversammlung im Mai
2016 zurück. An der diesjährigen war er mit gerade mal 60%
entlastet worden. Mit Co-Chef Anshu Jain hatte er soeben
eine Strategie für die kommenden Jahre verabschiedet.
Als in Frankfurt am 12. Dezember 2012 Polizisten die
Zentrale der Deutschen Bank wegen schwerer Steuerhinterziehung, Geldwäsche und versuchter Strafvereitelung beim Handel durchsuchen, ruft der Co-Vorstandsvorsitzende Jürgen Fitschen
bei Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) an.
„Die Banken müssen wieder in der Mitte der Gesellschaft ankommen", hatte Fitschen vor ein paar Wochen eben
erst gesagt. Wir haben es seit langem geahnt, aber jetzt wissen
wir genau, wo für die Josef-Ackermann-Fraktion
die Mitte der Gesellschaft ist.
Und Ackermann selbst? Wie hatte er 2010 noch gesagt?
„Es ist schliesslich nicht so, dass wir profitieren, wenn
ein Konkurrent Pleite geht.“ Seit dem Libor-Skandal sind wir
da nicht mehr so sicher.
Sergio Ermotti
„Wir bedauern dieses unangemessene und
unethische Verhalten zutiefst“, so hat es UBS-Konzernchef
Sergio Ermotti vor zwei Jahren formuliert. Es geht um
Devisenbetrug. Jetzt soll die UBS ein Strafgeld von 134 Millionen Schweizer Franken zahlen, teilt die Eidgenösissche Finanzmarktaufsicht Finma mit.
„Das ist der schwerste Fall von Marktmanipulation,
den wir je gesehen haben“, sagt Finma-Chef Mark Branson,
als er am 12. November 2014 über das Ausmass der
Verfehlungen informiert.
Wiederholt und über längere Zeit hätten UBS-Mitarbeiter
versucht die Referenzwerte für Devisen zu manipulieren.
Sie taten es um für die Bank einen Profit zu generieren, sie
handelten gegen die Interessen ihrer eigenen Kunden.
Für ihren Anteil am Libor-Skandal müsse die UBS 1,16
Milliarden € Geldstrafe bezahlen, hatte am 19. Dezember
2012 die britische Financial Services Authority mitgeteilt. An der Manipulation des Referenzzinses waren Dutzende von
UBS-Mitarbeitern beteiligt, auch Schmiergeld war bezahlt
worden.
Fabrice Tourre II
Seit Mitte Juli 2013 steht Ex-Goldman Sachs-Finanzhändler
Fabrice Tourre vor dem Bezirksgericht in Manhattan.
Dem heute 33jährigen wird Betrug und Verstoss gegen das
Börsengesetz vorgeworfen.
Goldman Sachs hat sich 2010 mit einem Vergleich
aus der Affäre gezogen, der das Unternehmen
die Rekordstrafe von 550 Millionen $ gekostet hat.
Stiller Mitwisser von Fabrice Tourre beim Anlageprodukt
Abacus 2007-AC1 im Jahr 2008 soll Hedgefonds-Guru
John Paulson gewesen sein. „Ich glaubte, Paulson würde
die Transaktion kaufen“, sagte Gail Kreitman, eine
Ex-Goldman Sachs-Verkäuferin, vor Gericht.
John Paulson erscheint trotz Ankündigung durch die
Gerichtspräsidentin nicht als Zeuge und übernimmt am 14. August
für 512 Millionen $ den Klavierbauer Steinway & Sons.
Im Fall SEC (Securities and Exchange Commission) versus
Tourre, 10-cv-03229, U.S. District Court, Southern
District of New York (Manhattan), kommen die Geschworenen
am 1. August zu einem Schuldspruch.
Ein Halbjahr später, am 12. März 2014, verurteilt die
Richterin Katherine Forrest den Ex-Goldman Sachs-Finanzhändler
Fabrice Tourre zu 1,15 Millionen $ Bussgeldzahlung. Es ist
genau das, was die SEC im Januar gefordert hatte.
Peter Fitzgerald
„None, just none. Non-applicable“ sagt Peter Fitzgerald.
„Okay and what did he say? ,I need a change of underwear?‘“
Fitzgerald ist bei der Anglo Irish Bank in Dublin Director
of Retail Banking. „Nichts“, sagt er. „Einfach nichts. Nicht
anwendbar. Und was hat er gesagt? ,Muss ich meine
Unterhosen wechseln?‘“
Er flapst am Telefon mit John Bowe, Head of Capital
Markets bei der Anglo Irish Bank. Es ist 18. September 2008.
Die 7 Milliarden € Staatshilfe an die Anglo Irish Bank
werden nie zurückgezahlt. Da sind sie sich einig. Und haben
was zum Lachen.
30 Milliarden €, nicht 7 hat die vermeintliche Rettung
am Ende gekostet und Irland an den Rand einer Staatspleite
gebracht. Den Mitschnitt des Telefongesprächs
veröffentlicht der in Dublin erscheinende Independant
am 24. Juni 2013.
Nikos Anastasiades
Zyperns Staatspräsident Nikos Anastasiades, seit einem
Monat im Amt, gibt nicht mal einen Kommentar ab.
Als es Montag, 25. März 2013 hell wird in Brüssel, hat die EU
beschlossen der bankrotten Fluchtgeldoase bis zu zehn
Milliarden € zur Verfügung zu stellen.
Die Banken auf der Insel waren seit 16. März
geschlossen. Vor und während der Schliessung sind offenbar
hohe Summen ins Ausland geschafft worden. Zyprische
Banken forderten bei der Europäischen Zentralbank weit mehr
Geld an als Kunden am Geldautomaten abhoben.
Als Donnerstagmittag, 28. März, die Banken wieder
öffnen, bilden sich zwar Schlangen, ein Ansturm der Kunden
bleibt aber aus.
„Ich möchte dem zyprischen Volk danken für seine
Reife und Gelassenheit, die es angesichts der Interaktionen
mit zyprischen Banken gezeigt hat“, erklärt Zyperns
Staatspräsident Nikos Anastasiades jetzt.
Aha.
Kweku Adoboli
Der 32jährige Angestellte der UBS wird im Londoner
Southwark Crown Court vom Richter Sir Brian Richard Keith am
20. November 2012 wegen Betrugs zu sieben Jahren
Gefängnis verurteilt. Neun Wochen hat die Verhandlung
gegen Kweku Adoboli gedauert.
Er sei vernichtet, sagt der Devisenhändler vor Gericht.
Er schiebt die Schuld an seinem Verhalten dem Druck zu, unter
dem er gestanden habe. O-Ton Adoboli:
„I´m devasted. But in the end, the reason I´m most sad
is because these losses weren´t the result of dishonesty
or fraudulent behaviour. It was the result of a group of traders
who were asked to do too much, with too little resource,
in a market that was too volatile.“
Der einstige Public Schoolboy, in Ghana geboren,
In England ausgebildet, stellt sich am 14. September 2011 selbst.
Kurz nach Mittag verlässt er die UBS-Zentrale, kehrt
in sein East London Loft Apartment zurück und meldet der
Schweizer Grossbank sein Schattenkonto.
Er tut das per Email. Er formuliert im Stil des Bankers,
für den Verluste peanuts sind. Er übernimmt die Verantwortung
für alles – „full responsability for my actions and the shit
storm that will now ensue“.
2,3 Milliarden $ hat Kweku Adoboli verzockt.
Der mit dem Fall betraute City of London police detective
chief inspector Perry Stokes spricht vom grössten Betrug
in der Geschichte des Vereinigten Königreichs – „the biggest fraud
in UK history“.
Das Ganze läuft unterm Stichwort „Umbrella“. In dem
„Regenschirm“ genannten Konto versteckt der Junior City Trader
drei Jahre lang unerlaubte Geschäfte. Er umgeht so die
tägliche Handelsobergrenze der Bank in Höhe von 100 Millionen $.
Ehe im Sommer 2011 die Eurokrise ihn einholt, erzielt er
horrende Gewinne. Und verdient grosse Boni.
Ein Gambler, out of control? Ende 2008 richtet Kweku
Adoboli die Scheinkonten ein, deren Transaktionen er imaginären
Handelspartnern zuordnet. Tatsächlich handelt er aber
mit dem Geld der Bank. Sein Ziel sei es gewesen zusätzliche
Gewinne anzuhäufen und die Verluste seines Teams
auszugleichen.
Er arbeitet für ETF Desk. Hier machen sie mit
börsengehandelten Indexfonds Geschäfte. Alle drei seiner
Kollegen gestehen vor Gericht von dem Geheimkonto
gewusst zu haben. Zwei Vorgesetzte jener Jahre äussern eine entspannte Haltung in Sachen Überschreitung der täglichen
Handelsobergrenze.
Durch seine enorm guten Ergebnisse wird Kweku
Adoboli zum Starhändler der UBS, sein Team
zum erfolgreichsten der Bank im Londoner Handelssaal.
Kollegen nennen ETF Desk „Oase der Gewinne“.
Neil Barofsky
Es hätte keine ausreichenden Beweise gefunden, um gegen
die US-Investmentbank Goldman Sachs Anklage zu
erheben, erklärt das US-Justizministerium am 10. August 2012.
„Wenn niemand die Verantwortung trägt, wird die endlose
Serie von Skandalen bei den Mega-Banken weitergehen“, sagt
Neil Barofsky, der für die US-Regierung die Aufsicht über
die Bankenrettung 2008 geführt hatte.
Bob Diamond
„Ich bin enttäuscht, weil viel von dem Gebaren sich unter
meinen Augen abspielte. Ich habe die Verantwortung
sicherzustellen, dass sich das nicht wiederholen kann“, schreibt
Bankchef Bob Diamond am 2. Juli 2012 an die Belegschaft
von Barclays. Anderntags tritt er zurück.
Hat Diamond die Manipulation des bankinternen
Leitzinses Libor selbst angeordnet um die Position von Barclays
in der Finanzkrise stärker erscheinen lassen?
Der London Interbank Offered Rate (Libor) ist der weltweit
gültige Zins, zu dem Banken sich selbst Geld leihen.
Er dient als Referenzzins für Kredite von Privatpersonen und Unternehmen, Derivate sowie andere Finanzprodukte mit
einem Gesamtvolumen von 360 Billionen $.
Bei der täglich in London vollzogenen Fixierung des Libor
ist das Potenzial für Absprachen gross. Neben Barclays
sind nur etwas mehr als ein Dutzend Banken beteiligt, darunter
JP Morgan, Royal Bank of Scotland, Citigroup, HSBC,
UBS, Credit Suisse, Société Générale und Deutsche Bank.
Angela Merkel III
„Alle Mitgliedstaaten, auch Deutschland, müssen ihre
Hausaufgaben machen“, sagt Angela Merkel am 27. Juni 2012
Im Bundestag.
Anderntags stimmt sie in Brüssel einem weiteren
Schritt auf dem Weg zu einer gemeinsamen Haftung zu. Künftig
dürfen die Euro-Rettungsschirme italienische und spanische
Staatsanleihen ohne neue Auflagen aufkaufen.
Luis de Guindos
„Ich habe die Ehre, mich im Namen der spanischen
Regierung an Sie zu wenden, um förmlich Finanzhilfe für die
Rekapitalisierung der spanischen Finanzinstitute, die dies
brauchen, zu beantragen“, schreibt am 25. Juni 2012 Luis de
Guindos an Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker.
Einen Betrag nennt der spanische Finanzminister nicht.
Oswald Grübel
NZZ online 24. September 2011: „UBS-Konzernchef
Oswald Grübel tritt per sofort zurück.“ Kweku Adoboli, ein 31jähriger Devisenhändler in London, hatte laut UBS vom 15. September
2011 mal eben rasch 2,3 Milliarden $ verzockt.
„Ich habe die Verantwortung für alles, was in der Bank
passiert – ich fühle mich aber nicht schuldig“, hatte Grübel in Der Sonntag zunächst gesagt.
Anfang Juni 2010 hatte Grübel in einem Brief
an die Schweizer Regierungschefin Doris Leuthard um ein
Gespräch ersucht. In einem Bericht forderte die
parlamentarische Geschäftsprüfungskommission, durch
unabhängige Experten zu prüfen, was bei der UBS
gelaufen war.
„Man sollte sich keinen Illusionen hingeben“,
sagte Justizministerin Eveline Widmer Schlumpf am 6. Juni 2010
in der NZZ am Sonntag. „Die USA erwarten den pünktlichen
Erlass der Schlussverfügungen und eine baldige Herausgabe der
UBS-Kundendaten.“
„Ihre Gesellschaft ist auf Kurs“, hatte Grübel laut
Redetext, der für den 14. April 2010 vorbereitet worden war,
gesagt. Turbulenzen? Hoher Wellengang? Die
Hauptversammlung in Basel dauerte acht Stunden. Die
Aktionäre verweigerten die Entlastung für 2007.
„Für mich ist es nun an der Zeit, diese Transformation
abzuschliessen und mein Amt nach Ablauf eines
Jahres zur Verfügung zu stellen“, sagte am 4. März 2009
UBS-Verwaltungsratspräsident Peter Kurer.
Noch eine Woche zuvor hatte der Mann seinen Rücktritt
kategorisch ausgeschlossen.
Nachfolger als Verwaltungsratspräsident der grössten
Schweizer Bank war Kaspar Villiger, der ehemalige Finanzminister
der Schweiz. Der reaktivierte Ruheständler kassiert
im ersten Amtsjahr 0,85, im zweiten 1,5 Millionen Schweizer
Franken.
Mitte Oktober 2008 hatte die Schweizer Regierung
der UBS mit umgerechnet 4 Milliarden € ausgeholfen und ihr
über die Nationalbank vergiftete Wertpapiere im Volumen
von bis zu 39 Milliarden € abgenommen.
UBS steht unter Druck der US-Behörden Details zu 52 000
Kontoinhabern herauszurücken. Am 31. Juli 2009 willigt UBS in die
Grundsatzvereinbarung zu einem aussergerichtlichen
Vergleich ein, der von Regierungsvertretern der Schweiz und
der USA im Detail ausgehandelt wurde.
Axel Weber, Deutschlands Ex-Bundesbankchef,
tritt Im Mai 2012 bei der UBS in den Verwaltungsrat ein, im Jahr
drauf wird er Verwaltungsratspräsident. „Ich habe mich
für die UBS entschieden, weil das Angebot herausragend ist“,
sagte er im Spiegel vom 4. Juli 2011.
Raj Rajaratnam
Am 11. Mai 2011 sprechen Geschworene eines
US-Bundesgerichts in Manhattan den in millionenschwere Insidergeschäfte verwickelten Hedge Fonds Gründer
Raj Rajaratnam in allen vierzehn Anklagepunkten schuldig.
Er muss elf Jahre in Haft. Er soll 63,8 Millionen $ zahlen.
92,8 Millionen legt ein Zivilrichter noch drauf.
Er hätte sich mit Rajaratnam, seinem einstigen
Klassenkollegen an der prestigeträchtigen Wharton
School der University of Pennsylvania, über das
Recht hinweggesetzt, sagt Ex-Finanzberater Anil Kumar
vor Gericht.
Er hätte mit Rajaratnam regelmässig über Verhandlungen
seines Kunden AMD Advanced Micro Devices Inc.
zum Erwerb von ATI Technologies Inc. gesprochen, bevor
der Deal angekündigt worden sei.
Er hätte Rajaratnam gesagt, das sei „tiefrot” und sollte
nicht diskutiert werden. „Das wird ein kompletter
Schock in der Industrie”, hätte er den Angeklagten später
gewarnt. „Behandle das also mit der striktesten
Vertraulichkeit.”
Die Staatsanwaltschaft sagt, Rajaratnam hätte durch
den Handel mit seiner Vorkenntnis des ATI–AMD Deals 20
Millionen $ zusammengescheffelt.
Nachher hätte Rajaratnam ihn zuhause angerufen,
sagt Kumar. Rajaratnam sagte: „You´re a star.” Er sei „beinahe
vom Stuhl gefallen”, sagt Kumar, als Rajaratnam
ihn später informierte, dass er mit 1 Million $ Schmiergeld
belohnt würde.
Keiner der Insider nimmt bei den Gesprächen mit
Rajaratnam an, dass sie abgehört werden. Als ein Tip-Geber
ihn im Überschwang als Star im Hedge Fonds
Universum lobt, tönt Rajaratnam auf einem Band verlegen.
„Der Mythos ist grösser als die Realität”, sagt er.
Josef Ackermann II
„Es ist Zeit anzuerkennen, dass der an der Wall Street
begangene Betrug Schaden an der Main Street anrichtet“, sagt
Staatsanwalt Carmen A. Trutanich am 4. Mai 2011. Bei
einer Pressekonferenz gibt er bekannt, dass die Staatsanwaltschaft
von Los Angeles die Deutsche Bank verklagt.
Das weltweit tätige Finanzinstitut sei, heisst es in der 235
Seiten umfassenden, den Zerfall etlicher Liegenschaften mit Fotos
dokumentierenden Klageschrift, zum „grössten Besitzer
verwahrloster Häuser in Los Angeles“ geworden, „the largest
Slumlord in the City of Los Angeles“.
Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann dementiert.
Am 2. September 2011 verklagt zudem die Federal Housing
Finance Agency in Manhattan die Deutsche Bank auf
14 Milliarden $. Für finanzielle Schäden bei Hypotheken-Anleihen fordert die Regierungsbehörde von 17 Finanzinstituten
gegen 200 Milliarden $.
Am 31. Mai 2012 tritt Josef Ackermann als CEO der
Deutschen Bank ab.
Alan Greenspan
Deregulierung, Gier und Missmanagement haben zur
Finanzkrise geführt. Zu diesem Schluss kommt
der Untersuchungsausschuss des US-Kongresses im am 27.
Januar 2011 veröffentlichten Abschlussbericht.
Einer der Hauptschuldigen: Alan Greenspan, ehemals
Chef der Notenbank Federal Reserve. Er hat dreissig Jahre
lang eine Deregulierungsideologie gepredigt und
damit sich selbst und andere geblendet, steht im Bericht.
Dessen Schlüsselsatz lautet: „Die grösste Tragödie
wäre es zu akzeptieren, dass niemand so etwas
vorhersehen konnte. Wenn wir das tun, wiederholt sich
die Geschichte.“
In anderthalb Jahren wurden 700 Vernehmungen
durchgeführt. Die Ermittlungsergebnisse könnten als Vorlagen
für Prozesse gegen Banken und Banker dienen.
Georg Funke
Er will noch kein Urteil über die Gehaltsforderung von
Ex-Vorstandschef Georg Funke an die Hypo Real Estate in Höhe
von 3,5 Millionen € fällen. sagt Richter Helmut Krenek vor
dem Münchner Landgericht am 27. Januar 2011.
Gutachter sollen zuerst prüfen, ob die Kündigung Funkes
durch die HRE rechtens ist. Die Erstellung des
Gutachtens, schätzen am Prozess Beteiligte, könnte
ein Jahr dauern.
Die HRE muss Funke zwei Monatsgehälter von
insgesamt 150 000 € nachzahlen. Dieses Urteil hat das
Münchner Landgericht am 15. Oktober 2010
verkündet.
Persönlich hat Funke vor dem Münchner Landgericht I
in Gerichtsaal 270 nicht erscheinen müssen. Grundlage der
Entscheidung ist ein Urkundeprozess.
Seit 6. Mai 2010 berät Richter Helmut Krenek über
Funkes Klage auf Fortzahlung von 3,5 Millionen € Gehalt bis 2013
und Rentenzahlung von monatlich 47 000 €.
Funke war vor eineinhalb Jahren abgehalftert worden.
Der Staat musste Hypo Real Estate mit 142 Milliarden € direkter
Hilfe vor der Pleite retten.
Wie hatte Funke einst gesagt? „Wir haben ein Modell,
das kapitalmarktgetrieben ist. Jede Transaktion muss sich
rechnen, sonst machen wir es nicht.“
Bilanzfälschung? Marktmanipulation? Ein halbes Jahr
vor Verjährung stellt das Landgericht München im
Herbst 2017 das Verfahren gegen Funke gegen Zahlung
von 18 000 € an einen gemeinnützigen Verein ein.
Es ist nicht mal ein Trinkgeld.
Jérôme Kerviel
Am 5. Oktober 2010 wird Jérôme Kerviel im Pariser Palais
de Justice zu fünf Jahren Haft verurteilt, zwei davon
auf Bewährung. Der 33jährige Aktienhändler soll 4,9 Milliarden €
an die Société Générale zurückzahlen! Die habe er vor
anderthalb Jahren im Alleingang verzockt.
Kerviel geht in die Berufung. Er sieht die Bank in der
Mitverantwortung. Rechtzeitig zu Prozessbeginn hatte Flammarion
L‘engrenage vorgelegt, Das Räderwerk, seine Mémoires
d‘un trader. Delta One hatte seine Abteilung geheissen, sein
Tatort bei der Société Générale.
„Ich bin kein Symptom der Finanzkrise“, schreibt Jérôme
Kerviel in Das Räderwerk. „Ich bin nur ein Mensch, der Fehler
gemacht hat innerhalb einer Bank, die sie lange zugelassen
hat, weil sie damit Gewinne erzielte.“
Nick Reilly
Lieber verzichtet er am 16. Juni 2010 auf Staatsknete gleich
ganz – Nick Reilly, der von GM nach Rüsselsheim beorderte Sanierer
von Opel. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, FDP,
hat in der Vorwoche Bürgschaften verweigert, die Bundesländer
mit Opel-Standort hätten einspringen sollen.
„Wir haben keinen Plan B“, sagt Opel-Chef Nick Reilly
am 9. Februar 2010 in Frankfurt am Main. 3900 Stellen will
er in Deutschland streichen, dafür will er von der
Bundesregierung und den vier Bundesländern mit Opel-Werken
Kredite in Höhe von 1,5 Milliarden €.
Insgesamt will Opel in Europa 2,7 Milliarden € Staatsknete,
die Zukunft des Unternehmens mit europaweit 48 000
Mitarbeitern ist sonst gefährdet. Reilly sagt: „2011 wollen wir
ein ausgeglichenes Ergebnis erreichen, 2012 wird Opel
wieder profitabel sein.“
Barack Obama
Endlich, am 20. Mai 2010, stimmt der US-Senat dem
Gesetzespaket zur Finanzmarktreform zu. Minuten später tritt
Barack Obama vor die Kameras des Rose Garden
im Weissen Haus,
„Im vergangenen Jahr“, sagt der US-Präsident, „hat die
Finanzindustrie immer wieder versucht diese Reform mit einer
Horde von Lobbyisten und Millionen von Dollars für
Werbung zu Fall zu bringen. Und als sie sie nicht killen konnten,
haben sie versucht sie zu verwässern.“
Und dann sagt Obama: „Steuerzahler werden nie mehr belangt
werden, um die Rechnung für Fehler der Wall Street
zu bezahlen. Es wird keine von Steuerzahlern finanzierte Unterstützungsmassnahmen mehr geben.“
Angesichts der Meldungen über „riesige Gewinne
und obszöne Boni“ ausgerechnet bei Finanzinstituten, die ihr
Fortbestehen staatlicher Unterstützung verdanken,
kündigt Obama am 14. Januar 2010 eine Sondersteuer an.
„Wir wollen unser Geld zurück“, sagt er. „Und wir
werden es zurückbekommen.“
„Eine Kultur der Verantwortungslosigkeit hat Fuss gefasst
an der Wall Street. Und ein Regulierungssystem, das
imgrunde aus der Weltwirtschaftskrise des 20. Jahrhunderts
– der Depression – hervorgegangen war, ist durch
Tempo, Spielraum und Raffiniertheit der globalen Wirtschaft
des 21. Jahrhunderts überrollt worden.“
Am 17. Juni 2009 stellt Obama in Washington seine
Reform der Finanzregulierung vor. Am selben Tag zahlen
zehn amerikanische Grossbanken Staatshilfegelder in
der Höhe von 68 Milliarden $ ans Finanzministerium zurück.
Finanzunternehmen wie JPMorgan Chase, Morgan Stanley,
Goldman Sachs, US Bancorp, American Express und
BB&T Corporation befreien sich so vom Einfluss der Regierung
auf Managergehälter und Dividendenzahlungen.
Neun der zehn Finanzinstitute, die zu den grössten
Empfängern staatlicher Unterstützung gehörten, entrichteten 2008 Bonuszahlungen an etwa 5000 Börsenhändler und Banker
von je über 1 Million $, stellt der New Yorker Generalstaatsanwalt Andrew M. Cuomo am 30. Juli 2009 fest.
Goldman Sachs bezahlte an 953 Börsenhändler und
Banker je einen Bonus über 1 Million $. Und auch Morgan Stanley
belohnte 428 Angestellte mit je einem Bonus, der
siebenstellig gewesen ist.
Fabrice Tourre I
„Das ganze Gebäude kann jederzeit zusammenbrechen“,
schreibt Fabrice Tourre am 23. Januar 2007 in einer E-Mail an
einen Freund, in der er sich selbst als „The Fabulous Fab“
bezeichnet. Der 31jährige Franzose, der einen Standford-Abschluss hat, ist ein Vizepräsident bei Goldman Sachs.
Er soll Investoren um eine Milliarde $ betrogen haben.
Als die US-Börsenaufsicht Mitte April 2010 gegen Goldman Sachs Betrugsklage einreicht, ist „Der Fabulöse Fab“ der einzige mit
Namen genannte Beschäftigte der US-Investmentbank.
Mit Abacus 2007-AC1 hat Tourre ein undurchsichtiges
Anlageprodukt begründet, mit dem sich Grossbanken gegen Immobilienmarktrisiken absichern. Mit John Paulsen, 54,
einen Hedgefonds-Milliardär gewonnen, der die Zusammensetzung
von Abacus zu seinen Gunsten steuert.
David Lowman
„Come to me“ sagt der Banker David Lowman, der bei
JPMorgan das Hypothekengeschäft verantwortet. Er sagt das,
als der Parlamentarier Barney Frank ihn im Hearing
des Repräsentantenhauses fragt, an wen sich Hausbesitzer mit
ihren Sorgen wenden und unbeantwortete Fragen gelöst
bekommen können.
Als sich am 14. April 2010 nach dem Meeting fünfzig
Leute aus dem Publikum erheben, ergreift Lowman die Flucht.
Gerade erst hat sein Finanzkonzern mit einem starkem
Quartalsergebnis die Hoffnung auf eine Gesundung
der Wirtschaft genährt.
Richard Bowen
Ex-Citigroup-Manager Richard Bowen sagt im April 2010
vor dem Untersuchungsausschuss in Washington aus. In einer
E-Mail, die er am 3. November 2007 mit URGENT – READ
IMMEDIATELY – FINANCIAL ISSUES überschrieben hat, warnt
er Direktor Robert Rubin und weitere Vorgesetzte
vor „possibly unrecognized financial losses“ und anderen
Risiken bei Hypothekengeschäften.
Auf die Frage, wie Rubin reagiert hätte, sagt Bowen:
„Ich bekam einen sehr kurzen Telefonanruf von einem Chefberater
der Company. Er sagte, sie stellten Hintergrundrecherchen
an und bräuchten mit mir nicht zu reden.“
Citigroup hat 100 Milliarden $ in den Sand gesetzt.
Richard S. Fuld Jr.
„It‘s basically window-dressing!“ sagt Michael McGarvey,
Senior Vice President bei Lehman-Brothers. CEO Richard S. Fuld
Jr. hat die Finanztricks en detail gekannt, die zur Pleite
der mit 600 Milliarden $ verschuldeten US-Investmentbank führten.
Die Bilanz ist monatelang frisiert worden.
Vor dem Kongress-Untersuchungsausschuss hat Fuld
unter Eid noch ausgesagt, er übernehme für das Debakel die
„volle Verantwortung“. Er glaube, alle von ihm getroffenen
Entscheidungen seien bei dem vorhandenen Informationsstand
„klug und angemessen“ gewesen.
Das stellt der 2200seitige Bericht in Frage, der von Anton
Valukas von der Anwaltskanzlei Jenner & Block im Auftrag des
New Yorker Insolvenzrichters erstellt und am 11. März 2010
veröffentlicht worden ist. Der Crash von Lehman hat die aktuelle
Weltwirtschaftskrise mitausgelöst.
Guido Westerwelle
Das Ende ist desaströs. Mit FDP-Landtagswahlschlappen
im Nacken tritt der Parteivorsitzende und Vizekanzler am 3. April
2011 zurück. Nur Aussenminister will er bleiben. 2013
ist endgültig Schluss. Bei den Bundestagswahlen werden die
Freien Demokraten am 22. September aus Regierung
und Parlament abgewählt.
Am 28. Oktober 2009 hatte der Bundestag ihn vereidigt.
Dr. Guido Westerwelle MdB, Bundesminister des Auswärtigen, Bundesvorsitzender der FDP. Er nimmt den Lebenspartner,
einen Sport-Event-Manager, mit auf Reisen. Und Manager, an deren Firma sein eigener Bruder ein wirtschaftliches Interesse hat.
Nachdem er trotz leerer Kassen in der Koalitionsregierung
mit CDU und CSU den Mehrwertsteuerrabatt für Hotels
durchgedrückt hat, wird die Millionenspende von
Mövenpick-Besitzer August Baron von Finck an die FDP
bekannt. Die Currywurst-Zeit? Vorbei!
Gerade mal für „eine Currywurst mit Mayo“ reiche
das Konjunkturpaket. „– ohne Pommes!“, so hat er am 13.
Januar 2009 über die Bundesregierung gelästert. Die
Steuerentlastung der CDU-SPD-Koalition, hat er errechnet,
mache pro Bundesbürger im Monat ganze 3.10 € aus.
Bei Konnopke in Berlin kostet „Currywurst mit Pommes“
zu dem Zeitpunkt aber genau 3.10 € – und gegessen wird die
unter dem U-Bahn-Viadukt an der Eberswalder Strasse
„mit Spezial-Ketchup“ und nicht mit Mayonnaise.
Ed Whitacre
„Alle Beteiligten stimmen darin überein, dass Veränderungen
notwendig sind“, sagt Edward Whitacre, Vorstandsvorsitzender und
Interims-CEO bei GM. Am 1. Dezember 2009 erklärt er,
der Aufsichtsrat habe Fritz Henderson den Rücktritt nahegelegt.
Nach einem Jahr als CEO von GM erklärt Whitacre, 68,
in Detroit, es sei jetzt der richtige Zeitpunkt um aufzuhören (zu
vermelden ist ein Nettogewinn von 1,3 Milliarden $ im
zweiten Quartal, der höchste Quartalsgewinn seit sechs Jahren).
Whitacre tritt am 1. September 2010 zurück. Dan Akerson, 61,
sein Nachfolger, ist ein Veteran der Investmentbranche.
GM ist mehrheitlich In Staatsbesitz, angeblich will der Konzern
nach überstandener Insolvenz, Massenentlassungen und Werkschliessungen bis Ende November an die Börse.
Fritz Henderson II
Gerade mal acht Monate ist „Fritz the Blitz“ CEO bei GM gewesen.
Er hat einen „bemerkenswerten Job“ gemacht, sagt Whitacre. Aber
er ist GM-Veteran. 25 Dienstjahre! Das Hin und her um Opel
hat ihn unglaubwürdig gemacht. „Fritz war einfach nicht genug Agent
der Veränderung. Der Aufsichtsrat will einen Weltklasse-CEO.
Und jetzt haben wir genug Luft zu atmen um einen solchen zu finden.“
GM will bei Opel in Deutschland 5300 Arbeitsplätze streichen –
in Europa insgesamt 8700. Erhalten bleiben die Werke Rüsselsheim,
Bochum, Kaiserslautern – und Eisenach. Das sagt GM-Europa-
Chef Nick Reilly. Am 25. November 2009 trifft er Thüringens
Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) in Rüsselsheim.
Nachdem GM nun Opel doch behalten und nicht an Magna
verkaufen will, trifft CEO Fritz Henderson am 9. November 2009 in Rüsselsheim ein. Ihn begleitet Nick Reilly, der Europa-Chef
Carl-Peter Forster ablöst..Da aber auch GM zur Sanierung von Opel
Staatsknete will, muss ein Gemütsaufheller her.
Der Konzern verlegt die Europa-Zentrale von Opel von Zürich
nach Rüsselsheim. Henderson ernennt Reilly zum Opel-Interimschef. „Nick Reilly“, sagt er, „ist der richtige Mann, um das Unternehmen
in dieser Übergangsphase zu führen und an der schnellstmöglichen Normalisierung des Geschäftsbetriebs zu arbeiten.“
Vom Nicht-Verkauf hat Henderson am Telefon Magna-CEO
Siegfried Wolf persönlich informiert. „Ich war so überrascht, dass
ich ihn gefragt hab, machen Sie Witze?“ sagt Wolf. Drauf
Henderson: „Nein. Wir haben so entschieden.“ Inzwischen erhofft
sich Zulieferer Magna neue Aufträge von Opel.
„Geben Sie uns eine neue Chance“, sagt Fritz Henderson
in New York, als er Insolvenz für GM beantragt. Er
ist bei GM seit zwei Monaten Chief Executive Officer. 40 Tage
später gibt er das Ende der Insolvenz bekannt, diesmal
in Detroit, wo er sagt: „Der heutige Tag markiert einen Neuanfang
für General Motors.“ Das ist am 10. Juli 2009.
Jetzt will Henderson 400 der 1300 Kaderleute (keine
Boni mehr, aber sechsstellige Einkommen) bei GM zu Rücktritt
oder Pensionierung bewegen. Er sagt: „Es ist ein
sehr schmerzhafter Prozess. Wir haben nicht viele schlechte
Kaderleute. Wir haben nur einfach zu viele von ihnen.“
Am 1. Juni 2009, als Henderson Insolvenz beantragt, hat
GM 176 Milliarden $ Schulden. Jetzt bleiben noch 48 Milliarden $ Schulden. GM behält die Marken Chevrolet, Cadillac,
Buick und GMC. GM behält 4100 der 6000 Händler. GM behält
die meisten Werkstandorte (bei 14 Schliessungen).
GM baut in den USA 22 000 der 80 000 Arbeitsplätze ab.
Die USA und Kanada, die mit 50 Milliarden $ (von 30 war mal
die Rede) aushelfen, halten 72% an GM. 10% gehen an
die Gläubiger, 17,5% an die Autogewerkschaft UAW.
Die Gewerkschaft macht Zugeständnisse bei der
Krankenversicherung der Betriebsrentner. GM versorgt 500 000 Rentenbezüger. Das bei 225 000 Mitarbeitern weltweit.
„Manchmal ist Grösse keine Waffe.“ Auch das sagt
Henderson am 10. Juli 2009 in Detroit noch. „Manchmal bedeutet
es nur einfach gross zu sein.“ Und: „Ich bin zuerst mal
den Anteilseignern gegenüber verantwortlich. Und der grösste
ist der amerikanische Steuerzahler mit 60%.“
88 Milliarden $ hat GM seit 2005 verbrannt.
Roland Koch
„Es gibt nicht den geringsten Grund anzunehmen,
dass es nicht zu einer Einigung kommt“, sagt Roland Koch
(CDU) am 9. Juni 2009 über den von der Bundesregierung
favorisierten Verkauf von Opel an Magna. „Wir sind
ja keine Deppen, die einfach in ein Problem hineinlaufen.“
Am 3. November 2009 kommt heraus, dass GM Opel behält.
Der Verwaltungssrat in Detroit entscheidet Opel nicht an
Magna zu verkaufen. CEO Fritz Henderson sagt: „Das ist der
stabilste und kostengünstigste Ansatz, um die Zukunft
von Opel und Vauxhall langfristig zu sichern.“
Roland Koch wechselt in die Bauwirtschaft. Am 1. Juli 2011
übernimmt er den Chefposten von Bilfinger Berger. Der
53jährige verdient jetzt mehr als in der Politik. 1,9 Millionen €
hatte Vorgänger Herbert Bodner laut Geschäftsbericht 2010.
Ottilie Scholz
„Er sollte uns mal besuchen, damit er sieht, was Opel
für die Stadt bedeutet“, sagt Ottilie Scholz (SPD). Sie ist seit 2004
Oberbürgermeisterin in Bochum. Über Ministerpräsident
Jürgen Rüttgers hat sie eine Einladung an GM-Chef Rick Wagoner
ausgesprochen.
Rick Wagoner
Wagoner muss Ende März in den USA zurücktreten.
Die Task Force der US-Regierung hat seine Innovation nicht
überzeugt. Wagoner wollte sich auf die Kernmarken
Chevrolet, Cadillac, Buick und GMC konzentrieren und Pontiac
als Nischenprodukt behalten. GM sollte in den USA 20 000,
weltweit 47 000 Stellen abbauen.
Der 56jährige erhält in den kommenden fünf Jahren
gut acht Millionen $ Abfindung und für den Rest seines Lebens
eine jährliche Rente von 74 000 $.
Fritz Henderson I
Neuer GM-Chef ist der ehemalige Europa-Chef Fritz
Henderson. Er schliesst auch einen Konkurs des Mutterkonzerns
nicht mehr aus. GM könnte dann ohne vergiftete Altlasten
mit einer Marke wie Chevrolet neu beginnen. Führende Manager
von GM veräussern ihre Aktien.
Einen Teil von Opel will Henderson kostenlos abgeben.
Der seit längerem vergeblich gesuchte private Investor müsse
lediglich noch eine Finanzspritze von 500 Millionen €
mitbringen. Fiat zeigt erst Interesse. Dann soll Magna es richten.
Aber auch der chinesische Hersteller BAIC bietet weiter mit.
Manfred Wennemer
Bis 10. September dauert es, bis GM mangels Liquidität
dem Teilverkauf an Magna wirklich zustimmt. Bei der Bekanntgabe
in Berlin sorgt ausgerechnet der Vertreter der Bundesregierung,
Ex-Conti-Chef Manfred Wennemer, für einen Eklat.
Wennemer stimmt als einziger dem von der Bundesregierung
favorisierten Teilverkauf an Magna nämlich nicht zu.
„Wir haben damit keine Lösung, die Opel am Ende des Tages
in ein überlebensfähiges Unternehmen überführt. Magna
bringt mit 10 % weniger Eigenkapital mit als RHJI. Wenn es sich nicht ändert, hat das Opel-Management keine andere Chance,
als 2010 zum Insolvenzrichter zu gehen“, erklärt Wennemer.
GM könnte in diesem Fall von dem im Vertrag
festgeschriebenen Vorkaufsrecht Gebrauch machen und Opel
wieder erwerben – notabene, nachdem die Bundesregierung
bis zu 4.5 Milliarden € in den maroden Autobauer gesteckt hat.
Thomas Steg II
„Sie können sicher sein, dass es auch in der
Bundesregierung genug Juristen gibt, die sich mit den Fragen auseinandersetzen“, sagt Regierungssprecher Thomas
Steg am 15. Mai 2009 zu den rechtlichen Komplikationen des Treuhandmodells zur Rettung von Opel.
Karl-Theodor zu Guttenberg III
Das Treuhandmodell zur Rettung von Opel stellt
Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vor, der
auch eine Insolvenz nicht ausschliesst. In Berlin wird
mit potenziellen Investoren für Opel verhandelt. Mutterkonzern
General Motors gibt am 27. Mai Opel frei. Dahinter steht
die US-Regierung, der GM-Hauptgläubiger.
Aber beim Krisengipfel im Bundeskanzleramt meldet GM
in der Nacht zum 28. Mai zusätzlichen Liquiditätsbedarf von 300
Millionen € an. Die Gespräche zu Treuhandmodell und
Investor bleiben ohne Ergebnis. Zuletzt zieht Fiat sich zurück.
Magna arbeitet mit GM eine Absichtserklärung aus.
In der Nacht zum 30. Mai einigen sich der Bund und
die betroffenen Bundesländer mit GM und US-Finanzministerium
auf das Rettungskonzept mit Investor Magna. Damit
ist der Weg frei für 1,5 Milliarden € Überbrückungskredit der
Bundesregierung an Opel.
Peer Steinbrück III
Die Entscheidung verkündet am frühen Morgen
Finanzminister Peer Steinbrück (SPD). Wirtschaftsminister
Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) steht daneben.
Angeblich hatte er sich in der Nacht für eine Insolvenz stark
gemacht und auch seinen Rücktritt angeboten.
Karl-Theodor zu Guttenberg II
Keine zwei Monate später ist zu Guttenberg der beliebteste
Politiker in Deutschland. Die Nacht der Entscheidung
ist eine Inszenierung für den politischen Heimmarkt gewesen. Tatsächlich fällt die Entscheidung über den Käufer
von Opel bei GM drüben in den USA.
Thomas Steg I
Und Regierungssprecher Thomas Steg. der bereits
unter Gerhard Schröder Regierungssprecher gewesen ist?
Ende Juli 2009 wechselt er ins Wahlkampfteam der
SPD, die mit ihrem Herausforderer – Aussenminister Frank-Walter
Steinmeier – gerade im tiefsten Umfragetief steckt.
Karl-Theodor zu Guttenberg I
Nach der Wahl bilden CDU/CSU mit der FDP die neue
Regierungskoalition, SPD mit Grünen und der Linken die neue Opposition. Und zu Guttenberg startet als Ersatz-
Verteidigungsminister mit einer Fehleinschätzung, für die
am 16. Dezember 2009 ein Untersuchungsausschuss
ins Leben gerufen wird.
„Summa cum laude“ hatte er für seine Doktorarbeit einst
bekommen. Am 16. Februar 2011 kommt aus, zu Guttenberg
hat abgeschrieben. Ganze Passagen. Ein Plagiat.
Was macht eigentlich die Universität Bayreuth? Der war seit 2006
nichts aufgefallen.
Am 1. März 2011 tritt zu Guttenberg zurück.
John Havens
Es ist 11. Januar 2010. Wall Street eröffnet die Bonus-Saison!
Für 2009 erhält John Havens, Leiter des Investmentbankings der Citigroup, einer Pflichtmitteilung der Bank zufolge eine
Entlohnung von mehr als neun Millionen Dollar. Washington hat Citigroup mit insgesamt 45 Milliarden Dollar gestützt.
„Sie haben den Truck bei vollem Tageslicht nach Fort Knox
zurückgefahren. Sie haben ihn leergeräumt, wir haben
sie gerettet und sie erhalten 150 Milliarden Dollar Bonuszahlungen“,
kommentiert Andy Stern, Chef der Service Employees
International Union.
Kenneth D. Lewis
„Ich werde einfach sagen, dass es meine Entscheidung
war, und nur meine", schreibt Kenneth D. Lewis. Er ist CEO der
Bank of America. Er schreibt das am 1. Oktober 2009 in
einer E-Mail an die Mitarbeiter, in der er seinen Rücktritt auf
Ende Jahr ankündigt.
Für den 62jährigen interessiert sich der New Yorker
Staatsanwalt Andrew Cuomo. Lewis werden Bonuszahlungen in Milliardenhöhe vorgeworfen, die an Manager von Merrill
Lynch geflossen sind, als das Finanzinstitut im Januar 2009 übernommen wird.
Die Bank of America selbst muss zu diesem Zeitpunkt
gerade mit Regierungsgeldern mühsam aufgepäppelt
werden. Sie nimmt Staatshilfen von insgesamt 45 Milliarden
Dollar in Anspruch. Die zahlt die Bank of America
am 8. Dezember 2009 auf einen Schlag zurück.
Angela Merkel II
„Wir sagen den Sparerinnen und Sparern,
dass ihre Einlagen sicher sind“, sagt Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) am 5. Oktober 2008 in Berlin.
Fünf Tage später der Bankrun. An Bankschaltern
in Deutschland werden 4,2 Milliarden € abgehoben, aber
nur 1,5 Milliarden € eingezahlt. Der Saldo von
2,7 Milliarden € ist zweimal so hoch wie der Spitzenwert
im Vorjahresmonat.
Stéphane Wolter
Das sei „leider genau das Szenario gewesen, das dann
später eintrat“, sagt Stéphane Wolter am 2. Juli 2009 vor dem
Untersuchungsausschuss des Bundestages zur fast pleite
gegangenen Hypo Real Estate (HRE).
Er sei „sehr beunruhigt“ gewesen und hätte mit seinen
Vorgesetzten im Oktober 2007 beim Vorstand auf eine Änderung
des Geschäftsmodells gedrängt. Er sei abgeblockt worden,
und nach einigem Nachhaken „zum unbeliebtesten Controller der ganzen Gruppe“ geworden.
Nach der Fusion mit der irischen Pfandbrieftochter Depfa
im Oktober 2007 hatte der mit Risikomanagement und Steuerung
der Zahlungsflüsse befasste Bankmitarbeiter das neue
Finanzinstitut einem Belastungstest unterzogen.
Der Test ergab eine Finanzierungslücke von 80 bis 90
Milliarden € nach 90 Tagen, sollten andere Banken nicht länger
bereit sein, der Depfa ihre kurzfristigen Darlehen zu
verlängern. Doch da tickt die Uhr längst.
Peer Steinbrück II
Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) glaubt nach dem
Eklat zunächst an eine private Lösung. Um die kümmert sich
Josef Ackermann. Er ist der Chef der Deutschen Bank.
An den Verhandlungen mit Ackermann beteiligen sich
am 28. September 2008 von Bundesseite Staatssekretär Jörg Asmussen sowie die Chefs von Bundesbank und
Aufsichtsbehörde Bafin, Axel Weber und Jochen Sanio. Um 35 Milliarden € wird mit Ackermann verhandelt.
Eine Woche zuvor hat die Münchner Niederlassung der
Bundesbank aber eine präzise Aufstellung über den
Refinanzierungsbedarf der HRE erhalten. Darlehen in Höhe von
insgesamt 104,6 Milliarden € muss die HRE danach
bis Ende 2008 zurückzahlen.
Am Ende wird der Bund mit mehr als 90 Milliarden €
für die HRE bürgen und die Bank in Staatshand überführen
um auszuschliessen, dass die Garantien womöglich
tatsächlich bezahlt werden müssen. Es tritt genau das ein,
was Steinbrück zuerst unbedingt vermeiden will.
Josef Ackermann I
Josef Ackermann, der Chef der Deutschen Bank, vereinbart
am 28. September 2008 eine Kreditlimite von 15 Milliarden €. Daran
sollen sich die Privatbanken beteiligen. Sie haben bei der HRE
ungesicherte Kredite in Höhe von 20 Milliarden €. Bald zeigt
sich aber, dass die vorgesehenen 15 Milliarden € nicht ausreichen.
Zehn Monate später, am 28. Juli 2009, sagt Ackermann
in Berlin vor dem HRE-Untersuchungsausschuss aus.
An jenem Sonntag, dem 28. September 2008, habe es
bis 22 Uhr keine Beteiligung des Staates gegeben. Erst nach
einem Telefonat mit Steinbrück am späteren Abend sei
Bewegung in die Sache gekommen.
Steinbrück habe eine 50%-Beteiligung der Banken gewollt
– 17,5 der 35 Milliarden €. Darauf habe Ackermann 7
der erforderlichen 35 Milliarden € angeboten. Und Steinbrück
habe abgelehnt und gesagt, darüber müsse er
mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprechen.
Angela Merkel I
Merkel habe Ackermann um halb ein Uhr morgens
auf dem Handy angerufen. Merkel habe 10 Milliarden € von den Banken verlangt. „Wir sind über 9 dann auf 8,5 Milliarden
€ gekommen", sagt Ackermann. Dafür habe er die Zustimmung
der anderen Bankenvertreter erhalten und zehn Minuten
später die Kanzlerin zurückgerufen.
„Um Viertel vor eins haben wir gerade noch das Schlimmste
verhindern können“, sagt Ackermann. „Wenn mich Frau
Merkel nicht erreicht hätte, wäre es zu spät gewesen. Wir hatten
schon unsere Zelte abgebrochen.“
Kurz vor Öffnung der Börse in Tokio hätte man dann
mitteilen müssen, dass die HRE geschlossen werde und der Einlagensicherungsfonds nicht einmal die Anleger
entschädigen könne.
Zehn Monate später, am 28. Juli 2009, dem Tag, als
Ackermann vor dem HRE-Untersuchungsausschuss in Berlin
aussagt, legt die Deutsche Bank ihre Quartalszahlen vor.
Das Finanzinstitut ist wieder im Geschäft. Die Deutsche Bank
vermeldet 1,1 Milliarden Gewinn.
Hannes Rehm
Die Liste der Geretteten hält die Bundesregierung geheim. Hannes
Rehm, der Leiter des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung,
erklärt, die „über 100 Milliarden € ungesicherten
Verbindlichkeiten“ würden „zum überwiegenden Teil bei Renten-, Sozialversicherungen und Kirchenkassen liegen“.
Aus der Liste der Geretteten, die der Tagesspiegel am 13.
September 2009 veröffentlicht, ergibt sich ein völlig anderes Bild.
Josef Ackermann, der Chef der Deutschen Bank, wird
bei dem Deal vom 28. September 2008 mit seinem und anderen Finanzinstituten durch Steuergelder freigekauft.
Gerettet werden hauptsächlich ausländische Grossbanken
und Fondsverwalter, die der günstigen Zinsen wegen mehr als 40 Milliarden € bei der HRE angelegt haben. Die Einlagen
der „Kirchenkassen“ – 392 Millionen € – nehmen sich dagegen vergleichsweise bescheiden aus.
Bernhard L. Madoff
„Er wird das System wieder austricksen“, sagt Alexandra
Penney. “Wir wissen nichts – alles, was er aufgegeben hat, ist sein ekliges, widerliches Ego.“ Alexandra Penney ist eines
der Opfer des Finanzmaklers Bernard L. Madoff. Sie hat den
Bestseller How to Make Love to a Man geschrieben.
Bernard L. Madoff hat sich vor Gericht in New York als schuldig
bezeichnet. Dem 71jährigen, der Investoren mit einem Schneeballsystem um bis zu 65 Milliarden $ gebracht hatte, ist
wegen Wertpapierbetrug, Fälschung von Briefen,
Computerbetrug, Geldwäsche und Meineid verurteilt worden.
Dem Verurteilten ist die Prison Number 61727-054
zugeteilt worden. Als Datum seiner Freilassung wird der 14.
November 2139 genannt, 20 Jahre für gutes Verhalten
bereits abgezogen. Er sitzt in der Justizvollzugsanstalt in Butner,
North Carolina, ein.
Madoff ist zu 150 Jahren Haft verurteilt worden.
Als er fünf Monate davon abgesessen hat, meldet das Wall Street
Journal, der Milliardenbetrüger komme gut mit seinem
Leben im Knast klar. Er spiele Boccia, Schach und Dame und
schrubbe Pfannen und Töpfe in der Gefängnisküche.
Die Knastidylle täuscht. Madoff ins Spital verlegt,
meldet CNN am 27. Dezember 2009.
Shannon Hay, ein Dezember 2009 entlassener Drogen-Dealer,
in Butner in der selben Einheit, hat Madoff laut New York Magazine
nach seinem Verbrechen gefragt. „Er hat mir seine Sicht
der Dinge erzählt. Er nahm Leuten Geld ab, die reich und gierig
waren und mehr wollten.“
Unterdessen delektiert sich die Society an unter den
Hammer gekommener Madoff-Habe.
Am 14. November 2010 bringt eine Auktion im Sheraton,
NYC, über 2 Millionen $ in die Kassen (ohne Immobilien und die Auktion, die 2009 bereits 1 Million $ eingesplelt hatte).
Den Höchstbetrag erzielt der 10,5-Karat-Diamant-Verlobungsring
von Gattin Ruth Madoff mit 550 000 $.
Mark Madoff, der ältere der zwei Söhne von Bernard L.
Madoff, wird am 11. Dezember 2010 tot aufgefunden. Er hatte
sich zwei Jahre nach der Verhaftung seines Vaters in seiner
Wohnung, 158 Mercer Street, NYC, erhängt.
Am 15. Februar 2011 veröffentlicht die New York Times
ein im Besuchsraum des Gefängnisses geführtes Interview mit
Madoff, der den Banken „willentliche Blindheit“ attestiert.
„Sie hätten es wissen müssen. Aber die Haltung war eher, ‚Wenn
du etwas Falsches machst, wollen wir es nicht wissen‘.“
Sergio Marchionne
„Wenn‘s nach mir ginge, würde ich eine stufenweise
Reduktion der Abgase für 2010 und 2011 planen“, sagt Sergio Marchionne, der CEO bei Fiat ist. Er stellt in La Spezia
gerade seinen Punto Evo vor. Das neue Fiat-Modell kommt in Italien am 10. Oktober 2009 auf den Markt.
Zeitgleich gibt Marchionne, der neuerdings auch bei
Chrysler CEO ist, im Wall Street Journal noch eine Neuigkeit
bekannt. Er tut, was auch VW tut. Er streicht seinem
Konkurrenten, dem kanadisch-österreichischen Autozulieferer
und Opel-Käufer Magna, Fertigungsaufträge für Chrysler..
Sergio Chiamparino
„Wir verbrennen zwar immer noch Geld, aber das hat sich
sehr verlangsamt“, sagt Sergio Marchionne am 1. Juli 2009. Der
Fiat-CEO hatte die Chrysler-Leitung im Juni von Bob
Nardelli übernommen. Nardelli, seit August 2007 CEO, trat nach
der Insolvenz zurück – ohne Abfindung, heisst es.
Am 30. April 2009 hat Chrysler Insolvenz beantragt,
Seine offizielle Website macht Chrysler am selben Tag mit der Punchline auf: Celebrating 25 Years of Innovation. Schräg
von links unten ist auf der Frontseite der neue Chrysler Town &
Country abgebildet, der zum Preis von 24 390 $
angeboten wird.
Im April 2009 hat Chrysler insgesamt 76 682 Wagen
verkauft. Das sind 48% weniger als im April 2008.
Die Gewerkschaft United Auto Workers hält einen
68%-Anteil an Chrysler im Tausch für Milliardenforderungen ihres Betriebsrentenfonds. „Der Anteil soll verkauft werden, sobald
dies finanziell günstig ist“, sagt UAW-Präsident Ron Gettelfinger.
Fiat-CEO Marchionne hat den Autokonzern in Turin
wieder zum Leben erweckt. Er ist der Zahlenbeiger in der Welt
der Autoverrückten. Als Fan von ihm gilt Sergio
Chiamparino. Der Bürgermeister von Turin sagt: „Etwas, was er
nicht geschafft hat, ist mich beim Kartenspiel zu schlagen.“
Peer Steinbrück I
„Wir wollen nicht verharmlosend darüber hinweggehen, dass
es Jurisdiktionen, Steueroasen und Nationalstaaten gibt, die nicht nur billigend in Kauf nehmen, sondern vorsätzlich dazu einladen,
dass deutsche Steuerzahler ihr Geld mit der klaren Absicht dort hintransferieren, Steuerhinterziehung und Steuerbetrug
zu betreiben”, sagt Peer Steinbrück am 7. Mai 2009 im Bundestag.
Der Finanzminister nennt einmal Liechtenstein, je zweimal
Luxemburg und Österreich und sechsmal die Schweiz. Er mehrt
seine Popularität. Er macht Wahlkampf für die SPD in
Zeiten der Krise. Er bekämpft die vermeintliche Ursache der
Krise. Die Steueroase.
Auch die Indianer nennt er wieder zweimal. Denen hätte
ein General in Amerika die Kavallerie vorbeigeschickt, hat Steinbrück vor Wochen gesagt. Das hat er aus einem Western.
Vergessen hat er, dass es für den General ein Fiasko wurde.
Dafür fällt Steinbrück jetzt Ouagadougou ein. Das ist die
Hauptstadt von Burkina Faso, aber was soll‘s. Die Afrikaner reiben
sich die Augen. Steueroase? Schön wär‘s.
Das Haus, in dem Steinbrück sein Büro hat, ist Hermann
Görings Reichsluftfahrtministerium gewesen. Wenn
die Zahlen, die Steinbrück dort verwaltet, ähnlich schief sind
wie die Sprüche, die er klopft, dann gute Nacht.
Soichi Nakagawa
„Ich nahm ein wenig mehr Medizin als vorgeschrieben“,
sagt Soichi Nakagawa, „Ich will mich jetzt vor allem von meiner Erkältung komplett erholen.“ Dem japanischen
Finanzminister waren an der Pressekonferenz beim G7 Gipfel
in Rom mehrfach die Augen zugefallen, er hatte
gelallt und auf eine Frage geantwortet, die nicht an ihn
gerichtet gewesen war. Dann fügt Nakagawa
noch hinzu, er hätte beim Lunch zuvor ein „Schlückchen“
Wein gehabt. Anderntags tritt er zurück.
Im letzten Quartal 2008 ist Japans Wirtschaft um 3,3 %
eingebrochen. Das ist der schlimmste Einbruch seit der Ölkrise
in den 1970er Jahren. Japan, die zweitgrösste
Wirtschaftsmacht weltweit, ist von der Krise härter betroffen
als Europa und die USA.
Dick DeGuerin
„In schwarzen Geländewagen sassen FBI-Agenten,
die das Haus seiner Freundin umstellt hatten und warteten“,
sagt Dick DeGuerin, der Anwalt des texanischen
Milliardärs R. Allen Stanford. „Ich sagte ihm, er solle hinausgehen
und sich zu erkennen geben. Er ging hinaus und fragte,
ob sie einen Haftbefehl hätten.“
Stanford ist am 18. Juni 2009 in Fredericksburg,
Virginia, verhaftet worden. Dem 59jährigen wird vorgeworfen,
mit der Stanford Financial Group ein Schneeballsystem
betrieben und Kunden um 8 Milliarden $ betrogen zu haben.
Susan U.
„Sie fuhren die Rollbahre rein und brachten sie leer wieder
raus. Also dachte ich, es sei alles okay“, sagt Susan U. in Vienna, Virginia. Zuletzt hatte sie ihren Nachbarn David B.
Kellermann vor ein paar Wochen bei Gartenarbeiten gesehen.
„Es ist einfach so traurig. Ich bin total geschockt.“
Am Morgen des 22. April 2009 war Kellermann von
seiner Ehefrau Donna im Kellergeschoss ihres Hauses gefunden
worden. Der geschäftsführende Finanzchef der mit
60 Milliarden $ Staatshilfe gestützten US-Hypothekenbank
Freddie Mac hatte sich erhängt.
Kirit Sha
„Es hat auf mich gewartet“, sagt Kirit Sha. Soeben hat er
erfahren, dass das Haus, das er in Royal Palm Beach, Florida,
kaufen will, seit seiner Fertigstellung vor drei Jahren
leer gestanden hat. Der Gerichtschemiker des New York Police
Department lebt jetzt in Rente.
Er kauft die Immobilie. Fünf Schlafzimmer. Er bezahlt
dafür Ende Juli 2009 260 000 $. Er sagt: „Ein exzellenter Deal.
Zudem habe ich einen guten Zins auf die Hypothek
bekommen. Unter 5 %.“
Ist der Tiefpunkt der Krise erreicht? Im Frühjahr 2009 ziehen
in acht amerikanischen Städten, darunter Chicago,
Cleveland, Denver und San Francisco, die Immobilienpreise
erstmals seit 2007 wieder leicht an.
Datuk Tony Fernandez
„Du musst eine Weltmarke haben, wenn Du eine
solche Art von Betrag maximieren willst“, sagt Datuk Tony
Fernandez. Er ist der Chief Executive Officer des
Billigfliegers Air Asia. Gerade hat er in London Richard Arnold
getroffen, der Finanzchef bei Manchester United ist.
Es wird AON sein, dem vier Jahre Trikotwerbung 80
Millionen £ wert sind. Der US-Rückversicherer löst beim
Fussballklub ManU ab Mai 2010 den Versicherer
AIG als Hauptsponsor ab. 106 Millionen $ hatte AIG für den
Vier-Jahres-Vertrag bezahlt.
AIG hatte von der US-Regierung mit 170 Milliarden $
gestützt werden müssen. Das Unternehmen löste
einen Entrüstungssturm aus, als bekannt wurde, dass es 2008
Bonuszahlungen von insgesamt 165 Millionen $
an 418 Angestellte entrichtete.
Joseph J. Cassano
Wäre er auf seinem Posten bei AIG geblieben und
hätte mit den Banken verhandelt, hätte das dem Steuerzahler
einige Milliarden Dollar erspart, sagt Joseph J. Cassano
am 30. Juni 2010 vor dem Untersuchungsausschuss
zur Finanzpleite in Washington.
Wörtlich sagt der Ex-CEO von AIG dann noch:
„Der Liquiditätsaspekt ist etwas, was wir offen gesagt nicht
in dem Ausmass fokussiert hatten, wie wir es hätten
tun müssen, wie wir jetzt wissen.“
Christian Malorny
„Wir rechnen damit, dass die Zahl der Arbeitsplätze auf
gleichem Niveau bleibt, weil die weltweite Nachfrage wächst und
die deutschen Autohersteller mit einer hervorragenden
technologischen Substanz in die Zukunft blicken können“, sagt
Christian Malorny. Er ist Direktor im Berliner Büro von McKinsey.
McKinsey nennt sich selbst die weltweit führende
Topmanagement-Beratung. 2008 hatte sie in Deutschland
ein sehr erfolgreiches Jahr – Risikomanagement
inklusive. Beraten wurden 25 der 30 Dax-Unternehmen in den
Sparten Automobil- und Maschinenbau, Banken
und Versicherer, Energieversorger, Handel und Konsum.
Thomas L.
„Meine Tat ist nicht aus Beziehungsgründen geschehen
– sondern nur aus Liebe und als Schutz vor dem, was alles auf
meine Frau und Tochter zugekommen wäre“, schreibt
Thomas L. in einer Email an den Schleswig-Holsteinischen
Zeitungsverlag.
Zuvor hatte der 37jährige Geschäftsmann Frau Ricarda und
Tochter Marie im gemieteten Einfamilienhaus der Familie
in Harrislee erstochen und zur Vertuschung der Tat Feuer gelegt.
Er sei durch Geschäftspartner bedroht worden,
die 930 000 € von ihm forderten, schreibt der Flüchtige in der
Email weiter und kündigt seinen Selbstmord an.
Vier Tage nach der Tat entdeckt die Polizei ihn in einem
Berliner Hotel an der Leipziger Strasse in Mitte,
nachdem er versucht hatte sich die Kehle aufzuschneiden.
Ervin L.
Der schwarze Familienvater Ervin L. hat seine Ehefrau,
seine fünf Kinder und sich selbst erschossen. Zuvor
hat der Vierzigjährige per Fax dem Lokalfernsehsender KABC-TV
in Los Angeles mitgeteilt, „warum wir tot sind“. Vor etwas
mehr als einer Woche hätten er und seine Frau ihre Jobs im
medizintechnischen Dienst eines Spitals verloren.
Thomas J.
„Wenn die Wochenenden länger dauern als die
Arbeitswoche, dann fühlt sich das nicht mehr so gut an“, sagt
Thomas J. „Je länger man darüber nachdenkt,
desto schlimmer wird es doch.“
Thomas J. lebt mit Familie in einem gemieteten
Einfamilienhaus in Geesthacht bei Hamburg. Der 47jährige ist Schichtführer bei einem Kunststoffwerk. Er beaufsichtigt
Maschinen bei der Fertigung von Armaturenbrettern.
Es ist das erste Mal, dass bei Albis Plastic in Hamburg kurz
gearbeitet wird. Das Unternehmen existiert seit 1961.
Hermann Eul
„Diejenigen, die die pfiffigsten Ideen haben, werden
auch am besten durch diese schwierige Phase schreiten und
am schnellsten hochkommen, wenn es konjunkturell
wieder aufwärts geht“, sagt Hermann Eul, Vertriebs- und
Technologievorstand bei Infineon.
Eben ist sein Mobilfunkchip E-Goldvoice als beste
Innovation eines Grossunternehmens ausgezeichnet worden.
Die PR-Offensive kommt nicht von ungefähr.
Der Umsatz von Infineon hat im ersten Quartal um 28
Prozent nachgegeben, an der Hauptversammlung
in München erhält der Aufsichtsrat bei seiner Entlastung
Mehrheiten von knapp über 50 Prozent.
Die pfiffigsten Ideen? US-Finanzinvestor Apollo
ist bereit neue Aktien zu zeichnen. Am 11. Juli 2009 wird
bekannt, dass Infineon eine Kapitalerhöhung
plant, bei der Apollo sich mit bis zu knapp 30% beteiligt.
Als der von Siemens ausgelagerte Chiphersteller
im März 2000 an die Börse gegangen war,
hatte der Emissionspreis 35 € betragen. 2009 war die Aktie
wochenlang unter 1 € notiert gewesen.
Heiko R.
„Seit die Abwrackprämie beschlossene Sache ist,
haben wir 60 Neuwagen verkauft“, sagt Verkaufsberater Heiko R.
von Dello in Ahrensburg. „Kleinwagen sind
bei den Kunden besonders gefragt.“ Das Unternehmen hat 36
Niederlassungen in Norddeutschland und rühmt
sich für Opel über eines der grössten Ersatzteillager ausserhalb
des Herstellerwerks in Rüsselsheim zu verfügen.
Helmut J.
Autofahrer, die ihren mehr als neunjährigen Pkw
verschrotten lassen und einen Neuwagen kaufen, erhalten seit
Mitte Januar 2009 eine Abwrackprämie von 2500 €.
„Es waren schon vier bis fünf Leute bei mir, die einen Verwertungsnachweis für ihr Auto haben wollten. Am nächsten
Tag wollten sie den Wagen dann wieder abholen“,
sagt Autoverwerter Helmut J. von der Autopresse Tempelhof
in Berlin Ende Januar 2009.
Olivier Lamirault
Der letzte Glaube, an dem die Gesellschaft noch
festgehalten hatte, war der Glaube an den Markt gewesen.
Jetzt ist es damit vorbei. Seit ein paar Tagen wird der
Autohandel auch in Deutschland staatlich gestützt. Er lockt
mit der Abwrackprämie für das Altfahrzeug.
Wie Olivier Lamirault vom französischen Branchenverband
CNPA bereits Anfang 2009 festgestellt hatte: „Die Prämie
hat den Verkauf gedopt.“
John Wallis
„Im vergangenen Jahr haben allein die fünf Top-Finanzfirmen
der Welt bei uns gebucht. Die meisten dieser Firmen
gibt es heute nicht mehr“, sagt John Wallis. Er ist Marketingchef
der Luxushotelkette Hyatt.
Aber als am 15. September 2008 die Investmentbank
Lehman Brs Insolvenz anmeldet, ahnt niemand in der
Hotellerie, welche Auswirkungen die Krise auf Spesen- und
Kongresstourismus hat.
Richard Fuld
Es ist 12. September 2008. Richard Fuld, Chef der
Investitionsbank Lehman Brothers, versucht im Laufe des
Tages wiederholt seinen Kollegen Ken Lewis von
der Bank of America im Büro am Telephon zu erreichen.
Vergeblich.
Am Abend ist Fuld verzweifelt genug. Er wählt Lewis´
Privatnummer, dessen Ehefrau nimmt ab. „Sie sollten
aufhören anzurufen“, sagt sie. „Ken kommt nicht ans Telephon.“
Am 15. September 2008 meldet Lehman Brothers
Insolvenz an.