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DU FINDEST DICH NETT


„Natürlich, du findest dich nett!“ ruft sie aus

und lacht. Jetzt, nachdem alle anderen Hindernisse

ausgeräumt sind, jetzt auf einmal und

für ihn unerwartet, ist es das junge Paar selbst,

das seinem Glück im Wege steht.



               Fritz Hirzel, Passagiere des Glücks. Wem Lachen auf

               die Sprünge hilft. Essay. 140 Seiten. Berlin 2004


Es ist Gilbertes Lachen, das in Marcel Prousts A la recherche

du temps perdu den Keim des Zerwürfnisses in sich trägt.

Erst ist es ein Lächeln, dann ein Lachen, aber der junge Ich-Erzähler

versteht nicht, was sie mit dem Lachen aussagt. „Natürlich,

du findest dich nett!”, ruft sie aus und lacht.

      Es ist dieses Lachen, dem er zuerst entnimmt, dass er nicht

auf jene Ebene vordringen kann, auf der sie ihre Gedanken

jetzt entwickelt. Das Lachen scheint zu sagen: Nein, nein, sie fällt

auf das, was er sagt, nicht herein.

      Sie weiss, er ist ganz verrückt nach ihr, aber das ist ihr egal,

denn sie macht sich nichts aus ihm. Er sagt sich jedoch,

„das Lachen sei schliesslich keine so eindeutige Sprache, dass ich

sicher sein könnte, dieses hier richtig verstanden zu haben”.


Gilberte geht auf Distanz

Er verfängt sich in der Konversation mit ihr, die so peinlich

und nichtssagend ausfällt. Es ist Gilberte, die auf Distanz

geht, worauf er plötzlich entschlossen ist sich von ihr zu trennen.

Sie ist es, die verstimmt ist, aber der Grund scheint banal.

      Durch sein Erscheinen im Haus ihrer Eltern hatte er sie

daran gehindert an einer Tanzstunde teilzunehmen, weil ihre

Mutter sie gerade noch zurückgerufen hatte. Nur ist das

Glück von innen heraus jetzt bedroht.

      Jetzt, nachdem alle anderen Hindernisse ausgeräumt

sind, jetzt auf einmal und für ihn unerwartet, ist es das junge

Paar selbst, das seinem Glück im Wege steht.

      Wir sind im Band A l’ombre des jeunes filles en fleurs,

der Proust 1919 den Prix Concourt einbringt, diese

„machine à réclames”. Es ist der zweite Band des Romanwerks

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, nachdem der

erste ohne Resonanz geblieben war.

      Jetzt sind sie da, Publikum und Kritik. An einen

„snob laborieux” fühlt Louis Aragon sich erinnert – das meint

Snob, Labor, Arbeitswut, Lachen.


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